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Interview mit „Chocolaterie Baldinger“

Kleiner Bean to Bar Schokoladenhersteller aus dem Allgäu

Jonathan Baldinger in der ProduktionUnsere Fragen rund um das Unternehmen Chocolaterie Baldinger und Bean to Bar wurden beantwortet von Jonathan Baldinger. Das Interview wurde im Sommer 2018 geführt.

Firma / Marke:
Chocolaterie Baldinger / choc:xi

Gründer / Inhaber: Jonathan Baldinger
Gründung: 2017
Bean to Bar seit: offiziell 2017, davor jahrelanges Experimentieren
Webseite: www.chocolaterie-baldinger.de
Adresse: Nebelhornstr. 36, Altusried-Krugzell (Allgäu), Deutschland
Kein eigener Verkauf. Vertrieb derzeit über folgende Läden: Milchlokal in Kempten-Durach und Malzeit in Augsburg.
Mitarbeiter: 0,05 ;-) (Nebengewerbe)

Was für Bean to Bar Produkte werden hergestellt:
Tafelschokolade, Nougat, Trüffel und Pralinen
Was für andere Produkte werden hergestellt:
Blonde Tafeln, Trüffelpralinen aus Bio-Kuvertüre anderer Hersteller, Haselnussmus aus regionalen Bio-Nüssen, Nuss-Nougat-Aufstrich.

Wie kamst Du dazu Bean to Bar Schokolade herzustellen? Gab es einen besonderen Auslöser dafür?

Vor einigen Jahren hörte ich von einem Schokolade-Kurs (www.kakaopur.com) und war ganz erstaunt, dass man als ganz normaler Mensch Schokolade selber herstellen könne...Da ich schon immer gerne Dinge selber herstellte und auch komplexe Herausforderungen mich eher reizen als abschrecken, arbeitete ich mich in meiner Freizeit in die Geheimnisse der Schokoladenherstellung ein und konnte meine Lust am Experimentieren hier frei ausleben. Die Welt, die sich mir da auftat, hat mich fasziniert, und diese Faszination ist bis heute geblieben. Die Geschichte des Kakaoanbaus, die hohen Ansprüche der Kakaobutter bei der Verarbeitung, die vielen Geschmacksnoten, die sich aus Kakaosorten herausarbeiten lassen, begeistern mich immer wieder aufs Neue. Durch viele positive Rückmeldungen (und Aufmunterung bei Fehlschlägen ;-) wuchs bei mir der Wunsch, meine Schokolade und Pralinen zu verkaufen, damit zumindest ein Teil der eingesetzten finanziellen und zeitlichen Energie wieder zu mir zurückkommt. Was lange Zeit unmöglich schien - weil durch die Handwerksordnung ausschließlich einem Konditormeister vorbehalten -, konnte ich 2017 durch Ablegen einer umfassenden Eignungsprüfung bei der Konditoreninnung umsetzen und gründete im Oktober 2017 die „Chocolaterie Baldinger“.

Tafelschokoladen von Baldinger
Verschiedene Schokoladen von Blond bis Zartbitter.

Welches Ziel, welche Vision von Schokolade hast Du, die Du mit Deiner Schokolade umsetzen möchtest?

Meine Vision zeigt sich am besten in der Marke der Trüffelpralinen: „Truffées d'amour“ - gespickt mit Liebe. Dieses Wortspiel im Französischen drückt aus, dass meine Produkte eine Botschaft der Liebe sind: Wer sie kostet, soll es mit allen Sinnen und gutem Gewissen genießen können. Wenn ich Schokolade oder Pralinen herstelle, habe ich Spaß. Ich bin überzeugt, dass man das in den Produkten auch schmecken kann. Ich bin auf der Suche nach Rohstoffen, von denen ich den Ursprung sowie die Produktionsbedingungen für Mensch und Umwelt nachvollziehen kann. Ich schätze den persönlichen Kontakt mit Lieferanten, möchte die Menschen hinter ihren Erzeugnissen kennen lernen und mit ihnen die Leidenschaft fürs Produzieren teilen. So ein positives Netzwerk und eine Verbundenheit aufzubauen, ist mein inneres Bedürfnis. Gerade bei Kakao ist das gar nicht so leicht: Wenn man sich über den Konsum von Schokolade hinaus mit der Herkunft der Zutaten und der Verarbeitung beschäftigt, eröffnet sich einem eine Welt des Grauens. Kinderarbeit, Sklaverei, Armut, Korruption, Preisspekulationen, Umweltzerstörung und vieles mehr. Dabei vergeht mir manchmal der Appetit auf Schokolade. Und da bin ich glücklich, zumindest in meiner Umgebung eine Alternative anbieten zu können.

Was unterscheidet Eure Schokolade (oder auch Euer Unternehmen) ganz besonders von anderen?

Bean to Bar Schokolade ist an sich schon ein großer Unterschied zur üblichen industriellen Herstellung, den ihr bestimmt schon an anderer Stelle ausführlich erklärt habt… Eine weitere Spezialität meiner Chocolaterie ist die fast ausschließliche Handarbeit. Abgesehen vom Mahlen der Kakaobohnen und Vermischen der Zutaten gibt es keine automatisierten Produktionsschritte. (Das Mahlen von Kakaobohnen habe ich interessehalber vor ein paar Jahren mal mit dem Mörser probiert, ist aber nur als Beschäftigungsmaßnahme zu empfehlen ;-) Auch das ist eine bewusste Entscheidung für das Handwerk im ursprünglichen Sinne und dafür, dass meine Arbeitskraft wie auch meine Begeisterung für das Produkt nicht durch eine Maschine ersetzt werden kann. Das führt unweigerlich einem weiteren Unterschied - Handarbeit hat ihren Preis... Außerdem wird der Kakao kräftig geröstet, was ein intensives Aroma mit Kaffeenoten ergibt, das jedes Mal minimal anders ausfällt. Umweltschutz ist mir wichtig, deshalb verwende ich als Verpackung nur wiederverwendbare (Glas), recyclingfähige (Papier) oder kompostierbare (Zellglasbeutel) Materialien und lasse diese in einer Öko-Druckerei vor Ort verschönern.

Zartbitterschokolade aus der Chocolaterie Baldinger

Welche Maschinen / Verfahren setzt Ihr zum Mahlen ein? (z.B. Melangeur, Kugelmühle, Walzwerk ...)
Conchiert Ihr Eure Schokolade und wenn ja, wie und warum? Oder auch warum Conchiert Ihr nicht?

Die Kakaobohnen werden zunächst in einem Mixer gehackt und gleichzeitig zu einem zähflüssigen Brei erwärmt, so dass der Granit-Melangeur etwas weniger Arbeit hat, sie mit dem Kokosblütenzucker zu vermischen. Das weitere Mahlen dauert dann mehrere Stunden und umfasst gleichzeitig eine Art „Conchieren“, da sich durch Luftzufuhr Aromen positiv verändern; die Temperatur wird dabei nicht aktiv, sondern nur durch Pausen gelenkt und bleibt im warmen Bereich. Gerade an diesem Punkt macht es mir immer noch Spaß, weiter zu experimentieren.

Setzt Ihr für Eure Schokoladen zusätzliche Kakaobutter ein? Und wird diese auch selbst produziert?

In der bisherigen Rezeptur ist zu einem geringen Teil (gekaufte) Bio-Kakaobutter enthalten, Geschmacks- und Konsistenztests mit Schokoladen ohne Kakaobutterzugabe laufen aktuell und stoßen auf positives Feedback.

Wie groß ist Eure Produktion?

Mein Melangeur schafft pro Charge ca. 2,5kg Schokolade, was für gut 30 Tafeln reicht. Pro Woche produziere ich zurzeit ungefähr diese Menge einer Sorte Schokolade oder Pralinen.

Was macht Eure Rohstoffe (insbesondere Kakaobohnen) aus und wie bezieht Ihr diese?

Wie bereits angesprochen ist mein Ziel, 100% der Rohstoffe aus biologischer und (wo möglich) regionaler Erzeugung bzw. Fair Trade mit weitgehender Nachvollziehbarkeit zu beziehen. Mein Kakao-Importeur handelt direkt mit einer Bauern-Kooperative, die den Anbau und Vertrieb von Kaffee, Kakao und verschiedenen Früchten koordiniert. Biologischer Anbau, menschliche Produktionsbedingungen sowie weitere soziale Projekte sind fester Bestandteil in diesem Handelsnetzwerk.

Der Kakao wächst auf Vulkanboden und zeichnet sich durch ein vielfältiges und süßliches Aroma aus. Außerdem beziehe ich auch getrocknete Ananas für meine Pina Colada Pralinen von dieser Kooperative.

Für meine verhältnismäßig kleine Chocolaterie ist ein Direkt-Import kaum sinnvoll. Wo doch, bin ich immer offen für neue Erfahrungen. So arbeite ich mich aktuell gerade in die notwendigen Zollformalitäten ein, um „Marc de Champagne“ in demeter-Qualität von einem kleinen Winzer in der Champagne/Frankreich für die entsprechende Pralinensorte importieren zu dürfen.

Werden für Schokoladenprodukte ausschließlich Bean to Bar Produkte verwendet oder auch Produkte aus zugekauften Halbfabrikaten hergestellt?

Die oben genannten 3 Sorten (choc:xi zartbitter, nougat sowie Truffées d'amour Nougat) stammen zu 100% aus Bean to Bar Produktion. Für die übrigen Erzeugnisse werden Bio-Kakaobutter sowie Bio-Kuvertüre von anderen Herstellern verarbeitet. Erste Versuche, bei der Trüffel-Herstellung weiße Kuvertüre durch choc:xi blond zu ersetzen, brachten nicht den gewünschten Erfolg, da diese ein für Pralinen zu intensives Eigenaroma hat.