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Interview mit „Schell Schokoladen“

Vom Schokolade-Wein Spezialisten zum Bean to Bar Schokoladenhersteller

Eberhard Schell - Schell Schokoladen - Kakaobohnen in den Röster gebenUnsere Fragen rund um das Unternehmen Schell Schokoladen und Bean to Bar wurden beantwortet von Eberhard Schell. Das Interview entstand im November 2021.

Firma / Marke: Schell Schokoladen
Inhaber / Gründer: Annette und Eberhard Schell
Bean to Bar seit: 04.2021
Webseite: www.schell-schokoladen.de
Adresse: Schloßstr. 31/33, 74831 Gundelsheim, Deutschland
Mitarbeiter: 11

Was für Bean to Bar Produkte werden hergestellt:
Zur Zeit Ursprung Schokoladen aus den besten Kakaos und Anbaugebieten alle Organisch oder Bio Später auch zusätzlich Schokoladen für Pralinen usw.
Was für andere Produkte werden hergestellt:
Tafeln, Pralinen, Aufstriche, Trinkschokoladen Schokosenf, Schokonudeln, Schokosalze, Grillkonfekt aus Schokolade.

Bean to Bar Schokoladen von Schell

Wie kamt Ihr dazu Bean to Bar Schokolade herzustellen? Gab es einen besonderen Auslöser dafür?

Ja da wir seit vielen Jahren direkte Verbindungen in die Anbauländer wie Ecuador, oder Borneo haben.
Außerdem haben wir unsere Schokoladen seit Jahren ausschließlich nur aus fairem Anbau und bester Qualität bezogen, wie Felchlin oder auch für uns selbst produzieren ließen wie von Georg Bernardini. Es war seit Jahren ein Wunsch von mir Schokoladen von der Bohne ab selbst zu produzieren.
Auslöser war dann Corona da wir unseren USA Urlaub absagen mussten und nach Südtirol gegangen sind. Dort haben wir Familie Oberhöller kennen lernen dürfen, welche seit 3 Jahren Bean to Bar produzieren und es war eine der wenigen handwerklich produzierenden Schokoladenhersteller von dessen Qualität wir überzeugt wurden. Das bestärkte den Wunsch und die Entscheidung es selbst zu tun.

Welches Ziel, welche Vision von Schokolade hast Du, die Du mit Deiner Schokolade umsetzen möchtest?

Beste Qualität der besten Bohnen und der besten Anbauländer zu verarbeiten um Schokoladenkultur weiter zu tragen. Wir arbeiten seit Jahrzehnten mit den besten Weinerzeugern Deutschlands zusammen und haben in Deutschland das Thema Schokolade und Wein zu einer festen Größe etabliert. Und mir war immer klar dass es kein Genussmittel gibt das dem Wein ähnlicher ist wie Schokolade. Nur dass das fast nicht bekannt ist. Daher haben wir schon immer bei den Schokoladen geschaut auf Herkunft, Bohnen und Verarbeitung, Fermentation, geografische Lage, Säure, Tannine, all das hat Kakao und Wein gemeinsam.  Dies nun selbst noch nachhaltiger, noch fairer noch ökologischer zu machen das ist ein Antrieb dafür. Alles spricht von „fair trade“. Das ist für mich eher “green washing“ und hat für mich nicht viel mit Nachhaltigkeit und gerechter Bezahlung der Kakaobauern zu tun, wenn mit diesem Label Schokoladen bei Lidl und Aldi für 46 Cent beworben werden können. Unser Weg heißt „direkt trade“ und Nachvollziehbarkeit.

Was unterscheidet Eure Schokolade (oder auch Euer Unternehmen) ganz besonders von anderen?

So wie Wein seine besondere Typizität hat, hat dies Schokolade auch. Boden, Herkunft, Fermentation, Anbau. Das will ich mit meinen Schokoladen widerspiegeln und schmeckbar machen. Eine Schokolade aus Cubakakao aus Baracoa, hat ein ganz anderes geschmackliches Profil als ein Kakao aus Kalimantan vom alten Weißbrechenden oder eine Guasare. Das muss der Konsument schmecken. Was uns unterscheidet ist, dass wir ein Kakaoprojekt mit der NCO Fairventures in Zentralkalimantan machen und aktiv dabei sind. Das heißt, wir konnten mitentscheiden, dass bei diesem Projekt alte Kakaosorten, welche fast verschwunden sind wieder angebaut werden. Dieses Projekt beinhaltet, dass erodierte vom Palmöl abgeholzte und versteppte ehemalige Urwaldgebiete wieder aufgeforstet werden. Hier wird ein endemischer Pionierbaum wie Segon unter anderem angepflanzt. Er festigt mit seinem Wurzelwerk die eh schon dünne Humusfläche, und gibt selbst Stickstoff durch die Wurzeln in den Boden ab, und macht dadurch den über Jahre durch den Palmanbau ausgelaugten Boden wieder fruchtbar. In diesem Zug können auch andere Fruchtbäume wie Banane, Kakao und anderes angebaut werden und den Menschen ein Auskommen geben. Wichtig ist, dass die Dajak, wie die Volksgruppe dort heißt die Möglichkeit haben, von diesem Ertrag zu leben und nicht noch mehr Primärwald zerstört wird. Gleichzeitig werden hier bewaldete Korridore geschaffen um den Borneo Orang Utan einen Lebensraum zu geben. Hier arbeiten wir auch mit BOS „Borneo Orang Utan survival“ zusammen. So geht auch ein Teil des Gewinnes unserer Ursprungsschokolade in dieses Projekt.

Eberhard Schell beim Pflanzen eines Kakaobaums

Welche Maschinen / Verfahren setzt Ihr zum Mahlen ein? (z.B. Melangeur, Kugelmühle, Walzwerk …)

Wir haben eine Selmi Strecke das heißt Röster, Brecher, Kugelmühle und Conche. Sowie für die Milchschokolade einen Melangeur. Ich will meine dunklen Schokoladen frei von Milchbestandteilen haben, daher fahren wir zweigleisig. Ebenso ist es spannend auch zu sehen wir die Schokoladen sich von der Art der Zubereitung doch etwas unterscheiden.

Conchiert Ihr Eure Schokolade und wenn ja, wie und warum? Oder auch warum Conchiert Ihr nicht?

Ich habe die Glückliche Fügung zwei gute Freunde kennen zu dürfen, der eine ist der Produktionsleiter von Felchlin, Sepp Schönbächler und der andere ist Georg Bernardini.
Von beiden durfte ich unendlich viel lernen. Es gibt auch hier unterschiedliche Vorgehensweisen und Meinungen, aber so wie wir die Schokoladen herstellen und ihnen ihre Typizität und Geschmack geben können, ist die Conche eine wichtige und entscheidende Stellschraube um eine hervorragende Schokolade zu produzieren. Es werden Säuren und auch Tannine und Bitterstoffe abgemildert und Aroma intensiviert.

Setzt Ihr für Eure Schokoladen zusätzliche Kakaobutter ein? Und wird diese auch selbst produziert?

Teilweise ja, wenn der Kakaobutteranteil der Bohnen zu gering ist. Nein wir produzieren die nicht selbst, wir setzen hier Bio Kakaobutter aus der Dominikanischen Republik ein.

Wie groß ist Eure Produktion? (z.B. Chargengröße von Melangeur oder Conche, Kapazität in Tafeln oder kg pro Tag…)

Ja wir beginnen ja erst jetzt und zur Zeit, pro Woche rund 150 Kg wobei das sicher noch steigerungsfähig ist.

Was macht Eure Rohstoffe (insbesondere Kakaobohnen) aus und wie bezieht Ihr diese?

Wir haben direkt selbst über unser Projekt den Kakao, oder über Händler welche direkt bei den Bauern oder den Kooperativen, hier insbesondere in Südamerika einkaufen und beziehen. Wie gesagt ausschließlich organisch oder auch Bio Zertifiziert. Insbesondere freut es uns, dass wir wirklich an ganz seltene Kakaos heran kommen, was nicht immer einfach ist.

Werden für Schokoladenprodukte ausschließlich eigene Bean to Bar Produkte verwendet oder auch Produkte aus zugekauften Halbfabrikaten produziert?

Unsere Ursprunglinie ist ausschließlich Bean to Bar. Unsere Klassiklinie kaufen wir Schokoladen noch zu.