Der Schweizer Schokoladenkonzern Lindt & Sprüngli (Lindt) wird in den USA wegen irreführender Werbung verklagt. Die Kläger werfen dem Konzern vor, dass die hohen Blei- und Cadmiumwerte in den dunklen Schokoladen des Konzerns im Widerspruch zur Werbung dafür stehen.
Zu viel Blei und Cadmium in US-Lindt Schokolade?
Im Kern geht es dabei nicht um den tatsächlichen Gehalt der beiden gesundheitlich bedenklichen Metalle, die bereits beim Wachsen der Kakaofrüchte in die Kakaobohnen aufgenommen werden und daher auch nicht komplett zu vermeiden sind. Lediglich die Menge kann durch Auswahl der verwendeten Kakaobohnen beeinflusst werden. Alle Lindt Schokoladen in den USA unterschreiten, darauf legt Lindt wert, die gesetzlichen Grenzwerte. Wobei es für Cadmium derzeit nur in Kalifornien einen gesetzlichen Grenzwert gibt. Die Schokoladen dürfen also legal verkauft werden.
Der Gehalt an Blei und Cadmium lag aber bereits bei einer Unze (ca. 28g) in einigen Lindt Schokoladen über dem California Maximum Allowable Dose Levels (MADL). Damit hätten Konsumenten täglich weniger als eine Unze der Schokolade essen dürfen um die empfohlene Maximale Tagesdosis an Blei und Cadmium nicht zu überschreiten.
Der Vorwurf: irreführende Werbung
Die Kläger werfen Lindt irreführende Werbung für die Schokoladen vor. Der Konzern wird auf der Verpackung und im Marketing unter anderem mit:
- „expertly crafted with the finest ingredients“ zu Deutsch etwas „fachmännisch aus den besten Zutaten hergestellt“.
- „excellence“ wie auch in Deutschland werden die Schokoladen auf der Verpackung mit „Exzellenz“ beworben.
- „top quality is particularly important in the meticulous selection of our raw materials“ zu Deutsch „Bei der sorgfältigen Auswahl unserer Rohstoffe legen wir besonderen Wert auf höchste Qualität“.
- „Premium chocolate products are safe, as well as delightful.“ zu Deutsch „Premium Schokoladenprodukte sind sicher und zugleich köstlich.“
- und weitere Aussagen ähnlichen Aussagen.
Diese Aussagen würden den Verbraucher erwarten lassen, dass die Produkte von besonderer Qualität und sicher seien. Davon können aber bei den Blei- und Cadmiumgehalten nicht die Rede sein. Der Konzern, so der Vorwurf, würde sich durch die irreführende Werbung illegal bereichern, da die Konsumenten ohne die Werbung und im Wissen um den Blei- und Cadmiumgehalt, die Schokolade nicht beziehungsweise nicht zu den Premiumpreisen gekauft hätten.
Die missglückte Verteidigung: das ist alles nur Marketing-Blabla
In dem laufenden Verfahren hat Lindt zunächst versucht die Klage ablehnen zu lassen und sich damit durchaus ein Eigentor geschossen. Keines der Argumente konnte das Gericht überzeugen und eines zerstört das Image als Premiumschokoladenhersteller gleich ganz.
Zunächst argumentierte der Konzern, da das Vorhandensein von Blei und Cadmium nicht zu vermeiden sei und alle Grenzwerte eingehalten werden, könne darin kein Mangel sein. Dieser Auffassung folgte das Gericht nicht. Da gerade dunkle Schokolade bei Verbrauchern auch wegen ihres suggerierten gesundheitlichen Mehrwertes beliebt ist, würde sich der Bleigehalt wahrscheinlich auf die Produktauswahl auswirken.
Mit ihrem nächsten Argument zerlegen die Anwälte von Lindt dann das Selbstbild des Konzern als Premium-Schokoladenhersteller komplett. Kurz zusammengefasst: die ganzen Marketingaussagen seien nur Marketing-Blabla und nicht ernst gemeint. Es handele sich um „übertriebene Werbung, Gepolter und Prahlerei, auf die sich kein vernünftiger Käufer verlassen würde“, so die Anwälte des Schweizer Konzerns. Im Umkehrschluss macht Lindt also nur normale einfache Schokolade, lediglich mit Werbung zu etwas besserem Aufgebauscht. Auch diesem Argument schloss sich das Gericht nicht an. Es sah in der Werbung deutlich die Auszeichnung des Produktes als besonderes Qualitätsprodukt.
Darauf versuchten die Anwälte es noch mit dem Argument, es sei den Verbrauchern allgemein bekannt, dass Schokolade Blei und Cadmium enthalte, aber auch hier folgt das Gericht nicht da es nicht um das Vorhandensein an sich, sondern um den erhöhten Gehalt ginge und der Konsument nicht einfach feststellen könnte, wie viel Metall enthalten sei.
Mit dieser Entscheidung wird die Klage zugelassen und das entsprechende Verfahren eingeleitet
Was könnten die Folgen des Verfahrens sein?
Abgesehen von dem Imageschaden für Lindt, zu dem die eigenen Anwälte tatkräftig beigetragen haben, könnte der Fall vor allem für den US-Markt noch deutlich weitreichendere Folgen haben. Sollte Lindt den Fall tatsächlich verlieren, könnte das zu strengeren Marketingregeln führen. Möglich das sich in Zukunft alle Hersteller die mit „Qualität“ und „Sicherheit“ ihrer Produkte werben, auch die Einhaltung dieser Werbung verstärkt sicherstellen müssen.
In den USA könnte der Fall auch dazu führen, das es neue und einheitliche Regelungen in Bezug auf die erlaubten Anteile an Schwermetallen in Schokolade geben könnte, zumindest wenn diese als „gesund“ oder „premium“ beworben werden.
Die Entscheidung über die Zulassung der Klage mit allen Argumenten von Klägern und Verteidigern kann hier nachgelesen werden (englisch):
https://law.justia.com/cases/federal/district-courts/new-york/nyedce/1:2023cv01186/492715/41/
Lindt & Sprüngli: unsere Werbung ist nur Marketing-Blabla